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Rede im Deutschen Bundestag zum Haushaltsplan Justiz und Verbraucherschutz

Bundestag, Bürger*innenrechte, Mieten, Strafrecht

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Frau Lambrecht, beim Verbot der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen haben Sie mich auf Ihrer Seite; da unterstütze ich Sie voll und ganz.
Wir müssen Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung schützen. Insoweit hoffe ich, dass es Ihnen gelingt, Herrn Luczak und die Immobilienlobby im Zaum zu halten und denen Grenzen zu setzen.
In meinem Wahlkreis, in Friedrichshain-Kreuzberg, haben viele Menschen Angst, durch Eigenbedarfskündigungen nicht nur ihr Zuhause zu verlieren, sondern oft auch die Schulplätze, die Kitaplätze. An so einer Wohnung hängt sehr viel. Bitte setzen Sie sich da durch, liebe Frau Lambrecht. Mich haben Sie auf Ihrer Seite.

Vor fast genau einem Jahr, am 9. Oktober 2019, gab es den so schrecklichen wie traurigen Massenmordversuch vor der Synagoge in Halle, verbunden mit zwei Morden und mit Körperverletzung durch einen rechtsextremen, militanten Antisemiten, der sich insbesondere im Netz radikalisiert hatte. Die Justizministerin und der Innenminister haben daraufhin ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität vorgelegt.

Die wichtigen und dringlichen Ziele des späteren gleichnamigen Gesetzentwurfs, nämlich den zunehmenden Rechtsextremismus, die anhaltenden Angriffe auf Demokratinnen und Demokraten, die zu beobachtende Verrohung der Diskussionskultur und die Straftaten im Netz, die von Volksverhetzung, Bedrohung, Vorbereitung von Terrordelikten bis zur Verbreitung und Darstellung sexualisierter Gewalt gegen Kinder reichen, effektiv zu bekämpfen, liegen auch meiner Fraktion am Herzen, meine Damen und Herren.

Nur, das Gesetz gilt nicht. Warum? Weil die Bundesregierung, die Justizministerin vorneweg, handwerklich nicht gut gearbeitet hat. Die Grundlagen für die Meldung von vermutlichen Straftaten durch die großen sozialen Netzwerke an das Bundeskriminalamt als Zentralstelle und diesbezügliche Auskunftsrechte sind verfassungswidrig, meine Damen und Herren. Sehenden Auges und wider besseren Rat im Gesetzgebungsverfahren haben Bundesregierung, ja, und auch Sie, Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, das Gesetz an die Wand gefahren, und das ist sehr ärgerlich, meine Damen und Herren.

Der Bundespräsident fertigt es bislang offenbar nicht aus. Das ist rechtsstaatlich und politisch ein Desaster; da müssen wir besser werden.
Grundrechtsschonende Alternativen, beispielsweise in Form eines Zweistufenmodells, wie von meiner Fraktion vorgeschlagen, haben Sie abgelehnt. Obwohl spätestens seit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts klar sein musste, dass diese Berücksichtigung finden müssen, haben Sie das nicht getan. Das sagen nicht nur wir Grüne; das sagt auch der Wissenschaftliche Dienst, und das besagt auch ein von uns beauftragtes Gutachten, das wir dem Bundestag mit einem Antrag vorgelegt haben, meine Damen und Herren.
Spätestens nach der Veröffentlichung der neuerlichen Entscheidung des Verfassungsgerichts Mitte Juli dieses Jahres hätte die Bundesregierung reagieren müssen. Das haben Sie leider nicht getan. Aber ich gebe die Hoffnung nie auf; Sie kennen mich. Deshalb meine und unsere Erwartung und unser nachdrücklicher Appell an die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen: Bringen Sie unverzüglich eine verfassungskonforme Neufassung des Gesetzes ein! Das schulden wir den Opfern des rechtsextremistischen Anschlags, ihren Angehörigen und allen Betroffenen von Hass und Hetze.
Vielen Dank.