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Das Ping-Pong-Spiel der Ministerien

Bundestag, Friedenspolitik

Seit über einem Jahr versuche ich als Mitglied des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses Afghanistan etwas Licht in das Dunkel des überstürzten Abzugs der Bundeswehr aus dem Land zu bringen

Letzten Mittwoch besuchten wir mit dem Krisenreaktionszentrum im Auswärtigen Amt (AA) einen der Arbeitsorte jenseits der Akten, mit dem wir uns als Untersuchungsausschuss beschäftigen. Hier laufen die Meldungen über die Krisen aus aller Welt ein und welche Perspektiven hat man von hier aus auf die Welt? Der Schwerpunkt hier ist immer „die Sicherheit von deutschen Staatsbürgern“. Doch ist dieser Blick weit genug? Gerade für uns im Untersuchungsausschuss geht es auch um die sogenannten Ortskräfte und ihre Familien.

Ein bewegender Moment war vor wenigen Wochen auch der Besuch des Gedenkorts „Wald der Erinnerungen“ bei Potsdam, wo unter anderem all‘ der Toten und Verletzten gedacht wird, die in deutschem Auftrag in Afghanistan unterwegs waren.

Nach zwanzig Sitzungen zur Beweisaufnahme ist es für den Untersuchungsausschuss noch zu früh für abschließende Feststellungen und Bewertungen. Doch erste Erkenntnisse schälen sich schon heraus. Wie von vielen Beteiligten die negativen Entwicklungen im Land systematisch verdrängt und ausgeblendet wurden. Als es dann stressig wurde, dachte man nur noch an das eigene Ressort, das Auswärtige Amt träumt von einer Übergangsregierung, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung möchte mit oder ohne Taliban weiterarbeiten und hätte dafür gerne ihre Ortskräfte weiter im Land und das Bundesministerium der Verteidigung bringt seine eigenen Leute und möglichst viel Material aus dem Land. Denkt aber immerhin an seine Verantwortung für die eigenen Ortskräfte. Doch scheitert in vielen Fällen an den anderen Ministerien, die für die Einreise nach Deutschland zuständig sind. Welche Rolle spielte dabei die „Obergrenze“ von 200.000 Flüchtlingen im Jahr? Erschreckend finde ich die „organisierte Verantwortungslosigkeit“ und das Fehlen einer Entscheidungskultur. Alles wird auf die lange Bank geschoben bis es zu spät ist. So wurden die Möglichkeiten zu einer erleichterten und beschleunigten Einreise nach Deutschland nicht genutzt. Kann man als Eltern volljährige Kinder einfach in Afghanistan zurücklassen?

Schritt für Schritt nähern wir uns den Entscheidungsträger*innen. Letzten Donnerstag befragten wir drei Referenten bzw. Stellv. Referatsleiter*innen des AA. Uns interessierte besonders, wie sich die Positionen der verschiedenen Ministerien entwickelt haben und welche Hoffnungen mit dem jeweiligen Handeln verknüpft waren.

Noch vor Weihnachten würden wir gerne die erste Botschafter*in anhören um dann im Jahr 2024 auf die höheren Ebenen der Verantwortlichen zu wechseln. Wer war für was verantwortlich? Nach welchen Kriterien und Zielen wurden Problemlagen angegangen? Wie wurden Entscheidungen getroffen oder auch nicht?

Mir ist bei meiner Arbeit im Untersuchungsausschuss besonders wichtig den Blick darauf zu richten, wie von Seiten der Bundesregierung mit den Menschen in Afghanistan umgegangen wurde und wird. Deutschland hat für diese Menschen Verantwortung übernommen und muss dieser nun auch gerecht werden.

Zum Abschluss des Ausschusses – der noch nicht abzusehen ist – wollen wir anhand der Untersuchungsergebnisse empfehlen, was aus den gewonnenen Erkenntnissen zu lernen ist. Der Ausschuss tagt in der Regel öffentlich.

 

Mehr Informationen und Anmeldung:

https://www.bundestag.de/ausschuesse/untersuchungsausschuesse/ua01