icon-arrowicon-cardsicon-closeicon-hamburgericon-search

Die gewollte Ohnmacht der Verwaltung

Mieten, Wahlkreis

Allein in Berlin stehen über tausend Wohnungen oder gar Häuser leer. Doch gegen die Eigentümer wird viel zu wenig vorgegangen

Aktuell 1.144 Leerstände von Wohnungen oder gar ganzen Häusern und Grundstücken meldet die Internet-Seite www.leerstandsmelder.de für Berlin. Für über zwei dutzend deutsche Städte können dort inzwischen die Bürger*innen melden, wenn in ihrem Haus eine Wohnung leer steht oder es in ihrer Nachbarschaft eine sogenannte Problem-Immobilie gibt. Die zivilgesellschaftliche Initiative möchte damit einen Überblick schaffen über „die unzähligen leerstehenden Flächen – ob alt oder neu, ob Wohn- oder Gewerberäume, ob zentral oder außerhalb gelegen, ob privat oder in städtischer Hand.“ Und einen Datenpool anbieten, auf dem man sich unabhängig von „städtischen Informationsquellen“ über einen „konstruktiven Umgang“ austauschen kann.

Die bekanntesten Beispiele für Leerstand sind in Berlin ein ganzer Wohnblock in der Habersaathstraße im Bezirk Mitte, wo letztlich weiterhin ein Abriss statt Sozialwohnungen in direkter Nachbarschaft mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) zu befürchten ist. Und in Kreuzberg mehrere Dutzend Wohnungen in Riemers Hofgarten, die nach jahrelangen Leerstand nun als teure Eigentumswohnungen für rund 5.000 Euro den Quadratmeter Wohnfläche verkauft werden.

Eigentlich darf man als Vermieter in Berlin eine Wohnung nicht länger als drei Monate leer stehen lassen. So sagt es zumindest das Zweckentfremdungsverbotsgesetz, das gegen spekulativen Leerstand und Ferienwohnungen helfen soll. Aber es greift häufig nicht, weil es viel zu viele Ausnahmen gibt. Auch eine in diesem Sommer auf den Weg kommende Verschärfung des Gesetzes durch den rot-rot-grünen Senat wird grundsätzlich die Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht lösen.

Denn es ist ein gutes Beispiel dafür, wie selbst gut gemeinte Gesetze nicht helfen, wenn der Finanzsenator den zuständigen Bezirken nicht genügend Geld für Personal und eventuell notwendige Ersatzvornahmen zur Verfügung stellt. Auch bedarf es dafür gut geschultes juristisches Personal in den Bezirksämter, um in den oft sehr komplexen Auseinandersetzungen zu bestehen. Und dazu jenes Quäntchen Mut, den eine Verwaltung braucht, um auf Seiten ihrer Bevölkerung gegen die Vermieter in den Konflikt zu gehen.

Schon im November 2018 hatte ich eine Veranstaltung mit dem Anwalt Lukas Theune und Eckhard Sagitza, dem zuständigen Verwaltungsmitarbeiter des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, in meiner Reihe „Recht und gerecht?“ zum Thema Zweckentfremdung organisiert und über die Probleme diskutiert.

https://bayram-gruene.de/kb_cpt_meetings/recht-und-gerecht/

Leerstand kann man übrigens in Berlin nicht nur über die Internetseite des Leerstandmelders bekannt machen, sondern in Friedrichshain-Kreuzberg auch beim zuständigen Stadtrat Knut Mildner-Spindler anzeigen. Ob dieser dann etwas unternimmt, ist eine andere Frage. Denn manche Verwaltung will zum Jagen getragen werden.