Spätestens zum Jahresende kommen quasi alle Hochhäuser rund um das Kottbusser Tor in Öffentliche Hand
Trotz tristem Novemberwetter gibt es ab und zu handfeste Erfolge zu feiern. Vor rund zehn Jahren trat in meinem Wahlkreis die Nachbarschafts-Initiative Kotti & Co an, um neben dem Kampf gegen hohe Mieten die (Re-)Kommunalisierung der Hochhäuser rund um das Kottbusser Tor in die Wege zu leiten. Damals war es pure Utopie, heute, zehn Jahre später, zum Jahreswechsel 2021 auf 2022, wird es Realität.
Dann werden die Hochhäuser und die dazugehörenden Häuser des Sozialen Wohnungsbau von der Mariannenstrasse bis zum Wassertorplatz, die im Augenblick noch der Deutschen Wohnen gehören, in den Besitz der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft „HoWoGe“ wechseln. Zum Paket gehört auch die Reichenberger Straße 55, für die ich mich in den letzten Jahren wiederholt eingesetzt habe. Bereits 2017 gelangte nach einen wochenlangen „Wirtschaftskrimi“ zwischen dem Land Berlin und dem Privatunternehmer Padovic das sogenannte NKZ (Neues Kreuzberger Zentrum, auch Nordblock genannt) in die Hände der kommunalen „gewobag“. Diese konnte vor wenigen Monaten auch den sogenannten Südblock, die Hochhäuser zwischen Admiral- und Skalitzerstrasse, in ihren Besitz bringen.
In diesen zehn Jahren arbeiteten Mitglieder der Grünen und der Linkspartei, ehemalige Hausbesetzer*innen, Menschen aus anderen linken Gruppen und Mieter-Aktivist*innen eng zusammen. Und, das möchte ich ausdrücklich betonen, als es darauf ankam, haben auch einige aus der SPD „ihren Job“ richtig gut gemacht und zum gemeinsamen Erfolg beigetragen. Hier zeigte sich, was alles gehen kann, wenn Bewegungen Druck auf die professionelle Politik ausüben, ohne sich in unnötige Polarisierungen zu verrennen. So gelang es den grünen und roten Parteien, konstruktiv zusammenzuarbeiten und einige der Forderungen der Mieter*innen institutionell umzusetzen.
Das Leben der Mieter*innen am Kotti wird auch im Zukunft nicht konfliktfrei sein. Allein die ökonomischen Probleme der Altschulden und des fehlenden Geldes für eine Sanierung im Sinne der Bewohner*innen bieten genügend Zündstoff. Aber die Konfliktlinien zwischen den selbstorganisierten Mieter*innen-Räten in den Häusern und einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, fühlen sich trotzdem anders an, als die gegen einen privaten Investor. Da steht trotz Streit nicht mehr die Angst vor einer Kündigung beziehungsweise die ganze Existenz auf dem Spiel. Und zusätzliche Sicherheit schafft das aus ein paar Sätzen im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag von 2016 sich entwickelnde Modellprojekt Kottbusser Tor, das bei der Verwaltung der Häuser eine Drittelparität zwischen Mieterrat, Senat und kommunaler Wohnungsbaugesellschaft anstrebt.
In Kreuzberg gehen die Uhren oft ein wenig vor. Hier am Kottbusser Tor entstand auch der Berliner Mieten-Volksentscheid und entwickelten sich bereits 2016 erste Ideen und Gedanken zur Enteignung der großen Immobilienkonzerne. Fünf Jahre später bejahten über eine Million Berliner*innen, fast 60 Prozent der Wähler*innen, das Volksbegehren „Deutsche Wohnen und Co enteignen“. Deshalb an dieser Stelle auch von mir ein Dankeschön an alle, die mitgedacht und mitgekämpft haben. Gemeinsam können wir so unglaublich viel erreichen.