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Für den Schutz des Kleingewerbes und den Erhalt lebenswerter Kieze

Mieten, Wahlkreis

Gewerbemieter*innen sind massiv von steigenden Mieten und Verdrängung bedroht

Die Mieten steigen – das wissen wir alle.  Doch während Wohnungsmieter*innen zumindest vor Kündigung und ungebremsten Mieterhöhungen in Ansätzen geschützt sind, sehen sich Gewerbemieter*innen einer Rechtslage gegenüber, die Ihnen keine Chance lässt.

Als die Väter des Bürgerlichen Gesetzbuches – und es waren wirklich nur Väter, denn unter den mehr als 50 Mitgliedern der Kommissionen befand sich keine einzige Frau – im Jahre 1896 Kaiser Wilhelm II. das neu geschaffene Werk zur Unterschrift vorlegten, enthielt es nur 45 Paragraphen zum Mietrecht. Man ging einfach von einem Ausgleich berechtigter Interessen zwischen Mieter und Vermieter aus.

Heute ist das Bild anders. Mieter*innen sehen sich in Berlin und den anderen deutschen Großstädten von einer immer weiter um sich greifenden Spekulation mit ihren Häusern bedroht. Beim geläufigen Wort vom „Mietenwahnsinn“ denkt man vor allem an Wohnungsmieter*innen. Doch während vor allem zu deren Schutz über 50 Paragraphen seit 1900 allein im BGB hinzugekommen sind, wurden die Gewerbemieter*innen bisher vergessen.  So stellt sich deren rechtliche Situation heute weit schlimmer als im Wohnungsbereich dar. Unbefristete Gewerbemietverträge können jederzeit ohne Begründung mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden, und bei Auslaufen von immer kürzer befristeten Verträgen sehen sie sich mit Mietverlangen vom Doppelten bis Dreifachen der bisherigen Miete konfrontiert. Dies kann kein Gewerbe der Nahversorgung erwirtschaften, es droht der Existenzverlust. Schließlich bezahlen wir als Kunden mit jedem Euro mehr für eine Tasse Kaffee überhöhte Mieten mit und tragen damit zur Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums in die Taschen der Immobilienspekulanten bei. In Friedrichhain-Kreuzberg beträgt inzwischen der kalkulierte Anteil der Miete bis zu einem Drittel der Preise für die Kunden. Selbst scheinbar gut betuchte Ärzt*innen und Apotheker*innen ächzen heute unter den hohen Mietforderungen.

So werden sie immer weniger, die kleinen inhabergeführten Geschäfte in den Einkaufsstraßen der Städte und die kleinen Handwerksbetriebe. Dies bei uns in Kreuzberg und Friedrichshain nicht anders als in vielen anderen deutschen Städten. Während sie dem Onlinehandel ihre Kompetenz und nachbarschaftliche Nähe zur Kundschaft entgegensetzen konnten, und den Corona-Lockdown tapfer durchgestanden haben, macht ihnen die Immobilienspekulation den Garaus. Ein aktuelles Beispiel ist der Rauswurf der Buchhandlung Kisch & Co in der Oranienstraße. Das Traditionsgeschäft kann bei den Mietforderungen des neuen Eigentümers nicht mehr mithalten.

Dass diese Entwicklung zu einer Verödung der Innenstädte führt, bestreitet heute fast niemand mehr. Am Horizont tauchen die letztlich unbewohnten Innenstädte von Paris und London als warnende Beispiele auf.

Darum habe ich in den letzten beiden Jahren zusammen mit Gewerbemiet-Initiativen und vielen Expert*innen in zwei Fachgesprächen im Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf entwickelt.

Dieser Gesetzentwurf erkennt erstmals das mietrechtliche Schutzbedürfnis des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs an. Im Kern orientiert sich unser neugeschaffenes Gewerbemietrecht an Schutzrechten für Wohnungsmieter*innen wie der Mietpreisbremse. Dabei werden regionale Unterschiede berücksichtigt, Kleinstädte in Süddeutschland und Großstädte wie Berlin werden nicht über einen Kamm geschoren. Die Bundesländer können in besonders angespannten Gewerbemietmärkten kleine Gewerbebetriebe vor unberechtigten Kündigungen bewahren. Durch einen Verlängerungsanspruch für befristete Gewerbemietverträge und die Begrenzung von Mieterhöhungen erhalten diese Betriebe Sicherheit für ihre Investitionen und ihren Arbeitseinsatz.

Die Probleme sind drängend. Die Zeit ist reif. 120 Jahre ohne Gewerbemietrecht sind genug.