Gedenken an Hans-Christian Ströbele

Anlässlich seines 85. Geburtstags am 7. Juni fand eine Fahrrad-Tour zu Orten seines Wirkens in Friedrichhain-Kreuzberg statt

Das legendäre „Büro Ströbele“ in der Dresdener Straße 10 am Kotti in Kreuzberg ist heute mein Wahlkreisbüro. Wie „damals“ ist es Anlaufpunkt für viele Bürger*innen in Not, hier geht es bei der Sprechstunde um Verdrängung, zu hohe Mieten, Probleme mit dem Job-Center und vieles mehr.

Kaum noch vorstellbar, dass bis in die 70er Jahre auf dem nahegelegenen Oranienplatz ein Autobahnkreuz geplant war, das zum Glück unter anderem durch die vielen Hausbesetzungen in Kreuzberg verhindert werden konnte. Hans-Christian Ströbele engagierte sich in den 80er Jahren bei der Legalisierung der Häuser. Trotzdem sind wir heute immer noch durch den geplanten Weiterbau der A 100 in Friedrichshain mit den Ausläufern dieser Autobahn-Planungen konfrontiert. Und der Oranienplatz steht seit 2012 auch für das Refugee Camp und die Forderungen der Geflüchteten für ein Bleiberecht und gegen Abschiebungen. Gemeinsam mit Hans-Christian Ströbele unterstützte ich diese Kämpfe auch in der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule.

Vor dem HanfHaus am Rio-Reiser-Platz gedachten wir Ströbeles bekanntestem Slogan: „Gebt das Hanf frei“. Rund 30 Jahre später ist das Hanf freigegeben, lieber Christian.

Grundlage des neuen Gewerbemietrechts, dass ich 2021 in den Bundestag einbrachte, war ein Konflikt im Jahr 2017 um die Bäckerei Filou in der Reichenberger Straße, bei der Hans-Christian Ströbele als Vermittler einen neuen Vertrag mit den Eigentümern aushandelte. Mieterhöhungen für Kleingewerbetreibende und Soziale Träger sollen begrenzt werden ebenso wie es einen Kündigungsschutz und ein Recht auf Vertragsverlängerung geben soll.

2002 wurde Hans-Christian Ströbele auf der Warschauer Brücke von einem Rechtsradikalen auf den Kopf geschlagen, trotzdem holte er zwei Tage später das erste Direktmandat für die Grünen. Und wiederholte diesen Erfolg drei Mal. Bei allem Widerstandsgeist war Hans-Christian Ströbele auch ein Befürworter von „rot-grünen“ Koalitionen. Eine solche übernahm erstmals im Frühjahr1989 in Berlin die Regierung, scheiterte aber knapp zwei Jahre später an den Auseinandersetzungen um die besetzten Häuser in der Mainzer Straße in Friedrichshain.

Für mich hat Hans-Christian Ströbele es verstanden, Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit und Hartnäckigkeit auf eine Art zu verbinden, die viele Veränderungen unserer Gesellschaft ermöglicht hat. Daran wollte und will ich mit dieser Fahrrad-Tour erinnern und allen Teilnehmer*innen die Gelegenheit geben, Kraft zu tanken für die kommenden Auseinandersetzungen.