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Gibt Karlsruhe endlich das Hanf frei?

Bundestag, Bürger*innenrechte, Strafrecht

Zweiter Normenkontrollantrag zum Cannabisverbot liegt beim Bundesverfassungsgericht

Es gibt Hoffnung: Endlich wurde das Cannabisverbot dem Bundesverfassungsgericht wieder zur Entscheidung vorgelegt. 

Ob das Cannabisverbot für Erwachsene verfassungswidrig ist, wurde vom Bundesverfassungsgericht zuletzt in einer Entscheidung aus dem Jahr 1994 verneint.

Seitdem hat sich jedoch einiges getan: Cannabisprodukte dürfen inzwischen hierzulande zu medizinischen Zwecken konsumiert werden und auch international wird die Cannabispolitik immer liberaler. In Kanada und einigen US-Staaten, in Portugal und in Uruguay sind Cannabisbesitz und –gebrauch inzwischen entweder entkriminalisiert oder sogar vollständig legalisiert. Auch in Deutschland hat sich das gesellschaftliche Klima zum Cannabisverbot im Vergleich zu 1994 stark liberalisiert. Die strafrechtliche Verfolgung von erwachsenen Konsument*innen gilt als nicht mehr zeitgemäß. 

Und auch in der Wissenschaft hat sich seit 1994 einiges getan: 

Es gilt als unbestritten, dass die Prohibition von Cannabis gescheitert ist. Es ist inzwischen hinreichend kriminologisch erforscht, dass die strafrechtliche Verfolgung wegen Cannabis keine sogenannte „Lenkungswirkung“ erzielt. Das heißt, dass Strafrecht nicht das geeignete Mittel ist, um Menschen davon abzuhalten, Cannabis zu konsumieren. Das sieht man auch in der Praxis: Es handelt sich bei Cannabis immer noch um die am häufigsten konsumierte illegale Droge. 

Die Kriminalisierung ist daher nicht mehr zeitgemäß und schafft Folgeprobleme: Durch die Verfügbarkeit auf dem Schwarzmarkt sind z.B. Qualitätskontrollen und wirksamer Jugendschutz unmöglich. Während der Konsum von Alkohol und Zigaretten bei Minderjährigen durch Präventionsarbeit, Werbeverbote und Besteuerung konstant abnimmt, nimmt der Cannabiskonsum seit 2011 kontinuierlich zu. 

Dazu kommt, dass die Strafverfolgung von Delikten im Zusammenhang mit Cannabis Ressourcen bindet, die anderswo gebraucht werden: Polizist*innen, Staatsanwält*innen und Richter*innen haben wichtigere und sinnvollere Aufgaben als die Verfolgung und Verurteilung wegen Cannabisbesitzes.

Die Kriminalisierung von selbstschädigendem Verhalten ist zudem unserem Strafrecht fremd. Kriminell ist in der Regel nur das, was in die Rechtsgüter anderer eingreift. Das ist beim Cannabiskonsum nicht der Fall: Es ist ein reines Selbstschädigungsdelikt. Neben dem Betäubungsmittelrecht gibt es die Strafbarkeit der Selbstschädigung nur in einer einzigen weiteren Strafnorm (§ 17 Wehrstrafgesetz: Selbstverstümmelung eines Soldaten).

Dabei ist der aktuelle Stand der Wissenschaft, dass Cannabis wesentlich weniger gesundheitsschädigend ist als Alkohol. Die rechtliche Ungleichbehandlung von Alkohol und Cannabis kann als ungerechtfertigt und damit willkürlich angesehen werden. Das wäre dann verfassungswidrig.

Deswegen ist es zu begrüßen, dass schon zwei Amtsgerichte die entsprechenden Strafvorschriften aus dem Betäubungsmittelgesetz für verfassungswidrig halten und deswegen dem Bundesverfassungsgericht zur konkreten Normenkontrolle vorgelegt haben. Im konkreten Normenkontrollverfahren überprüft das Bundesverfassungsgericht anhand der ihm von den Gerichten vorgelegten Sachverhalte, ob das Verbot die Grundrechte der Angeklagten verletzt. 

Wir von Bündnis 90/Die Grünen fordern schon seit Jahrzehnten die Entkriminalisierung des Cannabisgebrauchs durch Erwachsene. So sagte schon mein Vorgänger Hans-Christian Ströbele: „Gebt das Hanf frei!“

In dieser Legislaturperiode hat die grüne Bundestagsfraktion auch einen konkreten Vorschlag für ein Cannabiskontrollgesetz eingebracht. Darin ist von A wie Anbau über J wie Jugendschutz bis Z wie Zertifizierung alles umfassend geregelt. Mit den entsprechenden Mehrheiten könnte der Gesetzentwurf schon in der nächsten Legislaturperiode Wirklichkeit werden.

Den vollständigen Gesetzentwurf findet ihr hier:  https://dserver.bundestag.de/btd/19/008/1900819.pdf