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Her mit dem Vorkaufsrecht, jetzt!

Mieten, Wahlkreis

„Zeitnah“ sollte das kommunale Vorkaufsrecht wieder hergestellt werden – doch bis jetzt ist wenig passiert

Wer blockiert und welche Schritte stehen jetzt an? Fünf Expert*innen hatte ich am 7. September ins „Aquarium“ eingeladen, um diese Fragen zu diskutieren.

Zur Erinnerung: im November letzten Jahres hat das Bundesverwaltungsgericht die jahrzehntelang ausgeübte Praxis des kommunalen Vorkaufsrechts untersagt und damit den Gesetzgeber zu einer Überarbeitung des  Gesetzes aufgefordert. Bisher liegt zumindest ein erster Entwurf aus dem Bauministerium für eine Novelle des Gesetzes auf dem Tisch, doch das FDP-geführte Justizministerium hat noch „Fragen und Bedenken“ und blockiert. In den letzten Jahren wurde das kommunale Vorkaufsrecht beispielsweise in München 63 mal angewandt, in Berlin gar 96 mal.

Zuerst führt Rainer Tietzsch vom Berliner Mieterverein in die komplizierte Rechtslage ein. Das Bundesverwaltungsgericht hatte entschieden, dass „eine künftige Nutzung einer Immobilie keine Rolle spielen darf“, also die zu erwartende Erhöhung der Miete oder gar eine Aufteilung in Eigentumswohnungen und damit die Verdrängung der bisherigen Bewohner*innen. »Der Gesetzestext steht nur im Präsenz, obwohl eigentlich klar ist, dass für den Milieuschutz nur die zukünftige Nutzung von Belang ist«, sagte Tietzsch. Doch Kritik an dem Urteil helfe nicht, der Bundestag müsse nun das Gesetz korrigieren.

Florian Schmidt, Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, betonte, dass der Bezirk in zwei Instanzen zuvor Recht bekommen hatte und das kommunale Vorkaufsrecht in München bei den Abwendungsvereinbarungen zum Teil viel radikaler ausgelegt wurde als in Berlin.

Johannes von den Mieter*innen dreier Häuser in der Kreuzberger Naunynstrasse berichtete, was es konkret für die Bewohner*innen von Häusern bedeutet, wenn man verkauft wird. Ihre Häuser fielen genau in die Lücke nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und so konnte in ihrem Fall das kommunale Vorkaufsrecht nicht mehr ausgeübt werden, obwohl schon der Kauf durch eine Genossenschaft vorbereitet war.

Sibylle Stöhr, aus München angereist und im dortigen Stadtrat die für Wohnungspolitik zuständige Grünen-Abgeordnete, berichtete, dass sie seit 2018 die Abwendungsvereinbarung verschärft und seitdem viele Vorkaufsfälle bis zum 9. November 2021 hatten. Doch allein seit diesem Tag konnten sie bis heute bei rund 30 Häusern das kommunale Vorkaufsrecht nicht mehr ausüben.

„Jetzt ist dieser Weg versperrt, Immobilien in die richtigen Hände bringen“. Und so wird jetzt in München versucht, auf einen präventiven Vorkauf zu setzen. Dies sei zurzeit der einzige Weg, Häuser in die Hände von Genossenschaften oder zum Beispiel in das Mietshäuser Syndikat zu bringen. Bezogen auf das Vorkaufsrecht sei man aber juristisch völlig abhängig von den Gesetzen auf Bundesebene. Die Idee des präventiven Vorkaufs versucht auch Florian Schmidt in seinem Bezirk umzusetzen.

Julian Schwarze, Sprecher für Stadtentwicklung im Berliner Abgeordnetenhaus, betonte, dass auch beim „scharfen Schwert“ des kommunalen Vorkaufsrecht gegen die Immobilienlobby nicht alles perfekt war, zum Beispiel brauche es längere Fristen zur Ausübung. Und für Rainer Tietzsch ist auch der Kaufpreis eine Rolle, „maßgeblich solle sein, was bei einem gemeinwirtschaftlichen Betrieb möglich ist“

Aus den Koa-Verhandlungen konnte ich berichten, wie wenig Interesse die FDP an einer Wiederherstellung des Vorkaufsrechts habe. Bundeskanzler Scholz müsse da den Liberalen ein Angebot machen. Meine Sorge ist, dass drei Jahre lang weiter nichts passiert. Deshalb braucht es Druck auf allen Ebenen.

Für mich ist der Kampf um die Wiederherstellung des kommunalen Vorkaufsrechts ein Baustein im Kampf um ein Soziales Mietrecht. Ein paar weitere Eckpunkte der aktuellen Auseinandersetzungen um ein Soziales Mietrecht sind im Antrag für die Bundesdelegiertenkonferenz vom 14. bis zum 16. Oktober aufgeführt, der unter anderem von mir, Katrin Schmidberger und Julian Schwarze gestellt ist.

https://antraege.gruene.de/48bdk/Mieter-innen-entlasten-Wohnraumverlust-verhindern-Mieter-innenschu-2597