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Im Stich gelassen

Bundestag, Friedenspolitik

Was passierte beim überstürzten Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan? Eine der vielen Fragen, die ich als Mitglied im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Afghanistan aufzuklären versuche

20 Jahre lang wurde in Afghanistan Krieg geführt. 2001 wurden US- und NATO-Truppen auch der Bundeswehr für den von George W. Bush erklärten „War on Terror“ nach Afghanistan geschickt, um die Verantwortlichen für die Anschläge in New York und Washington, Bin Laden und Al Kaida, zu jagen. Doch auch nachdem diese getötet bzw. geflohen waren und absehbar war, dass der Krieg nicht gewonnen werden konnte, wurden die Einsätze Jahr für Jahr verlängert. Bis im 2020 abgeschlossenen US-Taliban-Abkommen der Abzug der internationalen Truppen vereinbart und 2021 durchgeführt wurde.

Als Abgeordnete im Deutschen Bundestag stimmte ich gegen die Mandate für die Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan, unter anderem weil dieser Krieg völkerrechtswidrig war und man nicht mit den Mitteln eines Krieges eine Gesellschaft verändern kann. Seit Jahren war auch der Bundesregierung das Scheitern des Krieges klar, nur wollte man sich dies lange nicht eingestehen und machte immer weiter. Ganz in der Tradition meines Vorgängers Hans-Christian Ströbele, der in seiner Zeit als Abgeordneter das Land zweimal besuchte, reiste auch ich in der letzten Legislaturperiode mehrmals nach Afghanistan, um mir ein eigenes Bild der Lage vor Ort zu machen.

Der Krieg in Afghanistan war von Anfang bis zu seinem Ende falsch. Trotzdem stimmte ich nach der Übernahme Kabuls durch die Taliban im August 2021 der militärischen Evakuierungsmission der Bundeswehr zu, als diese Tausende von Zivilisten ausflog. Dabei handelte es sich allerdings weniger um sogenannte Ortskräfte und ihre Familienangehörige, die zum Beispiel als Dolmetscher*in für die Bundeswehr und Organisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gearbeitet haben. Schon im April 2019 (!) hatten wir von Bündnis 90/Die Grünen die Bundesregierung aufgefordert, die Evakuierung der Ortskräfte vorzubereiten, um diese zu retten. Doch selbst noch im Juni 2021 stimmten die damaligen Regierungsfraktionen dagegen.

Dieses Versäumnis führte dazu, dass Tausende dieser Ortskräfte im Land zurückgelassen wurden. Viele fürchten sich vor der Rache der Taliban und haben nur vage Versprechen in der Hand, dass sich die Bundesregierung um sie kümmern wird.

Im Deutschen Bundestag werden nun diese Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven aufgearbeitet. Zum einem im zwölfköpfigen „1. Untersuchungsausschuss Afghanistan“, dessen Ordentliches Mitglied ich seit Ende März bin. Es geht um den Zeitraum von Ende Februar 2020 (dem Abschluss des US-Taliban-Abkommens in Doha) bis zum Ende der Evakuierungsmission der Bundeswehr im September 2021. Zum anderen mit der Enquete-Kommission zu Afghanistan, die den ganzen rund 20-jährigen Einsatz der Bundeswehr aufzuarbeiten versucht.

Mir ist besonders wichtig den Blick darauf zu richten, wie von Seiten der Bundesregierung mit den Menschen in Afghanistan umgegangen wird. Deutschland hat für diese Menschen Verantwortung übernommen und muss dieser nun auch gerecht werden.

Zum Abschluss des Ausschusses – der noch nicht abzusehen ist – wollen wir anhand der Untersuchungsergebnisse empfehlen, was aus den gewonnenen Erkenntnissen zu lernen ist. Der Ausschuss tagt in der Regel öffentlich.

 

Mehr Informationen und Anmeldung:

https://www.bundestag.de/ausschuesse/untersuchungsausschuesse/ua01