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„Ja zur Widerspruchslösung, heißt Ja zur Solidargemeinschaft.“

Bundestag, Bürger*innenrechte

Erklärung zur doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz (Drucksache 19/11096)

Sehr geehrter Herr Präsident,
Meine Damen und Herren,
ich werde für die Widerspruchslösung stimmen. Es gibt viele gute Gründe zuzustimmen, einige davon möchte ich näher ausführen.
Leitender Gedanke ist für mich, dass wir in einer Solidargemeinschaft leben, in der wir füreinander einstehen. Dieses Einstehen füreinander prägt das Menschen- und Gesellschaftsbild unserer Verfassung – das heißt, wenn ich in der Not bin und das Organ eines Verstorbenen mein Leben retten kann, bin ich dafür und umgekehrt sollte ich auch dafür sein, dass mein Organ als Verstorbener einem Anderem gegeben wird, um sein Leben zu retten. Ja zur Widerspruchslösung, heißt Ja zur Solidargemeinschaft. Betonen will ich, dass es bei dem zur Entscheidung stehenden Gesetzesentwurf keine Pflicht zur Zustimmung gibt, wie es das in einigen europäischen Ländern der Fall ist. Die doppelte Widerspruchslösung stellt es jedem Einzelnen frei zu sagen, ob er spenden will. Denn wer „Nein“ sagt und seine Organe nicht zur Verfügung stellen will, um anderen das Leben zu retten, kann widersprechen ebenso wie seine Angehörigen das können.

Vor der Entscheidung habe ich Gespräche geführt mit Menschen, die eine Organtransplantation hatten, mit Ärzten – unter anderem der Charité von der Intensivmedizin- und mit Patient*innen, die auf mögliche Organspenden hoffen und sich aus ihrer Situation heraus viel mit den gesetzlichen Umständen der Transplantation beschäftigt haben. Beachtlich finde ich, dass statistisch jeder Mensch mit seinen Organen drei Menschen das Leben retten kann. Mir ist klar geworfen, dass wir dringend eine Verbesserung brauchen. Hierzu kann der Gesetzesentwurf einen wichtigen Beitrag leisten.

Die Entscheidungslösung überzeugt mich nicht, da sie meines Erachtens keine wesentliche Verbesserung des Status Quo darstellt. Es ist lebensfremd anzunehmen, dass wie zum Beispiel in Berlin die meisten Menschen kurz vor dem Urlaub feststellen, dass der Pass abgelaufen ist und beim Bürgeramt mit der Frage der Organspende konfrontiert, eingehende Gedanken um Leben und Tod anstellen werden. Vielmehr muss bei ehrlicher Betrachtung eingestanden werden, dass die meisten Menschen der Frage um die Endlichkeit des Lebens ausweichen. Insoweit verspreche ich mir keine signifikanten Veränderungen durch diesen Vorschlag.

In vielen anderen europäischen Ländern gibt es seit Jahren die Widerspruchslösung beim Transplantationsgesetz und damit werden gute Ergebnisse erzielt.
Die Widerspruchslösung bedeutet für keinen Menschen, dass er seine Organe spenden muss. Jeder Bürger und jede Bürgerin kann der Organentnahme widersprechen – unproblematisch, einfach und vor allem auch ohne die Angabe von Gründen. Abschließend bleibt festzustellen: Die Widerspruchslösung in dieser Form des Gesetzentwurfs ist ein Schritt zu mehr Solidarität und Nächstenliebe unter den Menschen. Selbst im Zeitpunkt meines Todes kann ich mit meinen Organen anderen Menschen das Leben schenken.