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Jetzt kommt die Kanzlerin a. D.

Bundestag, Friedenspolitik

Diese Woche wird uns endlich Angela Merkel, Bundeskanzlerin a. D., im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Afghanistan Rede und Antwort stehen. In den letzten Wochen waren Ex-Bundesinnenminister Horst Seehofer und der damalige Außenminister Heiko Maas geladen.

„Wir haben da keine Fehler gemacht“, fasste Horst Seehofer (CSU) sein Wirken mit Blick auf das deutsche Afghanistan-Engagement bei der Befragung durch den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zusammen. Obwohl der ehemalige Chef des Bundesinnenministeriums (BMI) ohne Zögern zugab, dass nur aus der deutschen Innenpolitik begründete „migrationspolitische Erwägungen leitend für die Entscheidungen waren“, zum Beispiel wer von den afghanischen Ortskräften wann und wie von Deutschland aufgenommen wurde. Wichtig war ihm, dass „die Probleme“ nicht nach Deutschland kommen und Afghanistan möglichst lange als „sicher“ galt. So hielt er und sein Ministerium noch bis Anfang August 2021 an einem Abschiebeflug fest. Am Ende wurde der Flug doch noch abgesagt – zu gefährlich für das Begleitpersonal.

Leitende Mitarbeiter*innen aus anderen Ministerien hatten in den letzten Monaten bei den Befragungen vor dem PUA immer wieder signalisiert, dass eine Lösung für die Ortskräfte vor allem aus dem BMI heraus verhindert wurde. Dortige Mitarbeiter*innen verwiesen wiederum auf ihre Leitungsebene, sprich Horst Seehofer. Dieser war bei seiner Befragung nun bemüht, die Eigenständigkeit seiner Staatssekretäre, Abteilungsleiter und der nachgeordneten Bereiche zu betonen. Im Gegensatz dazu hatte ich jedoch bei der Befragung eher den Eindruck, dass Seehofer seine Vorstellungen vom Umgang mit Migration durchaus rigide im BMI umsetzte.

Mitte November befragten wir die damalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenberger vor dem Ausschuss. Sie berichtete, wie sie die sich verändernde Sicherheitslage in Afghanistan wahrgenommen hat. Wortreich stellte sie sich vor die Bundeswehr. Sie konnte aber nicht so richtig erklären, warum sie sich nicht gegenüber dem BMI durchsetzen konnte, obwohl sie als „Merkel-Vertraute“ galt.

Ebenfalls befragten wir den damaligen Finanzminister Olaf Scholz. Auch er hatte sich noch wenige Tage vor dem Fall von Kabul in einem Interview positiv zu Abschiebungen nach Afghanistan geäußert. Nebenbei erwähnte er, dass der gesamte Afghanistan-Einsatz insgesamt rund 17 Milliarden Euro gekostet habe.

Seit der Sommerpause hatten wir unter anderem Tania Freiin von Uslar-Gleichen, damals Vizepräsidentin des BND, geladen und sie musste uns Rede und Antwort stehen, insbesondere warum der BND den Zusammenbruch der afghanischen Regierung sowie der Streitkräfte und damit den Fall Kabuls zeitlich so falsch einschätzte. Diese Fragen stellten wir auch ihrem Vorgesetzten, Bruno Kahl, damals und heute der Präsident des BND, im Zeugenstand. Neben einigen Staatsekretär*innen befragten wir auch Büroleiter*innen und den damaligen Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn.

Ende November hatten wir die Befragungen mit dem ehemaligen  Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Gerd Müller und dem damaligen Bundesaußenminister Heiko Maas fortgesetzt. Er gilt als einer der Hauptverantwortlichen für die letztlich überstürzte Evakuierung der Deutschen Botschaft in Kabul Mitte August 2021. Man hatte damit gerechnet, auf jeden Fall bis zum 11. September Zeit zu haben. Bei seiner Befragung betonte er allerdings die „einseitigen Entscheidungen des damaligen US-Präsidenten Donald Trump“, in die man nicht immer eingeweiht war.

Trotz der vom Bundeskanzler Olaf Scholz aktuell für Mitte Dezember angekündigten Vertrauensfrage und der sich daraus ergebenden Neuwahl am 23. Februar, setzten wir als PUA durch, die Zeug*innen-Befragung noch in dieser Woche geordnet zu Ende zu bringen. Deshalb ist zum Abschluss der Zeugenbefragung nun die Befragung der damaligen Bundeskanzlerin, Angela Merkel, für den Donnerstag, den 5. Dezember, geplant.

Dann beginnen wir sofort mit der Arbeit am Abschlussbericht, damit dieser noch vor den Neuwahlen dem Plenum des Deutschen Bundestags vorgestellt und dort diskutiert werden kann. Anhand der Untersuchungsergebnisse wollen wir empfehlen, was aus den gewonnenen Erkenntnissen zu lernen ist.

Der Ausschuss tagt in der Regel öffentlich. Mehr Informationen und Anmeldung:

https://www.bundestag.de/ausschuesse/untersuchungsausschuesse/ua01