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Persönliche Erklärung zum Gebäudeenergiegesetz

Bundestag, Mieten

Erklärung der Abgeordneten Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen) am 08.09.2023 zu TOP 4, ZP 3 a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes, zur Änderung der Heizkostenverordnung und zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung (BT-Drs. 20/6875)

Ist das Glas halb voll oder halb leer? Diese Frage, mit der wir im Leben immer wieder konfrontiert sind, stellt sich für mich auch beim GEG.

Grundsätzlich befinden wir uns in den letzten Jahren in allen westlichen Gesellschaften im Handgemenge eines umfassenden gesellschaftlichen Konflikts. Wollen wir eine Erneuerung unseres Lebens- und Wirtschaftsmodells, oder alles beim Alten belassen. Trotz der aktuellen Bilder von den Unwettern aus Griechenland gibt es verschiedene Kräfte, die nichts ändern wollen und zum Beispiel den Klimawandel sogar leugnen. Von den vielen sozialen Verwerfungen ganz zu schweigen. Deswegen sind wir als die Kräfte, die eine Veränderung wollen, hier gefordert, gemeinsam an einem Strick zu ziehen, und manche eigene Kritik im Einzelnen zurückzustellen. Deshalb werde ich heute dem Gesetz zustimmen. Um beim Bild zu bleiben: das Glas ist für mich halb voll.

In zwanzig Jahren werden wir über den heutigen Tag ganz anders reden: als einen Tag einer wichtigen Weichenstellung, als ein Tag, an dem wir einen bedeutenden Schritt in die richtige Richtung getan haben. Und wahrscheinlich wird es uns peinlich sein, wie halbherzig und viel zu wenig unsere Bemühungen waren angesichts dessen, was gekommen ist.

Trotzdem möchte ich zwei, drei Punkte meiner Kritik benennen:

Da ist die Reihenfolge der Gesetze, zuerst hätte das Kommunale Wärmegesetz kommen müssen, um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu formulieren. Um den Menschen einen Rahmen zu geben, statt sie individuell mit ihrer Heizung ins kalte Wasser zu werfen. Und da ist mir vieles zu vage formuliert, was steckt hinter einem „möglichst“ im Gesetzestext? Hat man wirklich aus dem Anschlusszwang beim Abwasser auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gelernt, oder öffnet man nur wieder alle möglichen Türchen, um das Gesetz zu unterlaufen? Weil man doch niemanden weh tun will?

Und die Kosten des Heizungsumbaus landen letztlich allein bei den Mieter*innen, auch wenn ihr monatlicher Beitrag auf 50 Cent pro Quadratmeter gedeckelt ist. Vorgesehen sind Regelungen, die drohen die Kosten des Heizungsumbaus vollständig auf die Mieter*innen abzuwälzen und eine zusätzliche Modernisierungsumlage von 10 Prozent der Investitionskosten zu ermöglichen. Diese Regelung würde einseitig die Vermieter*innen begünstigen. Die Kappungsgrenze von 50 Cent pro Quadratmeter kommt nicht zu tragen, wenn eine weitere Modernisierungsmaßnahme hinzukommt oder keine Fördermittel in Anspruch genommen wurden. Dann können ganze 8 Prozent auf die Miete aufgeschlagen werden. Dies kommt für die Mieter*innen noch zusätzlich zu den aufgrund der Inflation gestiegenen und weiter steigenden Nebenkosten sowie den darüber hinaus erfolgenden Erhöhungen der Kaltmiete.

Stattdessen sollte die Modernisierungsumlage grundsätzlich auf den Prüfstand kommen und für sinnvolle energetische Modernisierungsmaßnahmen das sog. „Drittelmodell“ in Betracht gezogen werden. Dabei würden die Kosten im Sinne einer gemeinsamen Kraftanstrengung für das Klima fair zwischen Staat, Vermieter*innen und Mieter*innen geteilt.

Aber da kann man in den kommenden Jahren, hoffentlich dann mit anderen Mehrheiten im Bundestag, noch einiges nachbessern.