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Persönliche Erklärung zum Rückführungsverbesserungsgesetz

Antidiskriminierung, Bundestag, Bürger*innenrechte

Erklärung der Abgeordneten Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen) am 18.01.2024 zu TOP 15: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) Drucksachen 20/9463, 20/9642

Bei dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung stimme ich mit nein.

Ausdrücklich begrüße ich die Einführung der Pflichtbeiordnung von Rechtsanwält*innen bei Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam, die eine Verbesserung für die Rechte der Betroffenen darstellt.

Die Verlängerung des Ausreisegewahrsam von zehn auf 28 Tage lehne ich ab. Wie jede Freiheitsentziehung handelt es sich dabei um einen Eingriff in die Freiheit der Person. Je länger ein solcher Eingriff andauert, desto strenger sind die Anforderungen an seine Verhältnismäßigkeit. Gegen einen Gewahrsam, der nur dazu dient, sicherzustellen, dass eine Person für ihre eigene Abschiebung zur Verfügung steht, bestehen bereits jetzt verfassungsrechtliche Bedenken, die bei der Verschärfung umso schwerer wiegen.

Der grundrechtliche Schutz der Privatsphäre und die Unverletzlichkeit der Wohnung werden in Zukunft für Betroffene noch weiter eingeschränkt. So soll in Sammelunterkünften zukünftig auch in Räume von Dritten eingedrungen werden können und das auch ohne Richtervorbehalt. Die Frage des Verstoßes gegen die Unverletzlichkeit von Wohnraum im Zusammenhang mit Maßnahmen der Abschiebung ist derzeit als Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht anhängig.

Das Strafrecht als schärfstes Schwert des Staates darf stets nur Ultima Ratio sein. Falsche oder unvollständige Angaben im Asyl- sowie Widerrufs- oder Rücknahmeverfahren sollen zukünftig strafbar werden. Eine solche Regelung lehne ich ab. Die Regelung verstößt offensichtlich gegen die im Rechtsstaatsprinzip verankerte Selbstbelastungsfreiheit und verkennt die Realität.

Durch dieses Gesetz besteht die Gefahr, dass humanitäre Arbeit und zivile Seenotrettung einer strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt werden und insoweit kann das damit verbundene Strafbarkeitsrisiko Menschen davon abhalten, tätig zu werden. Es drohen Ermittlungsmaßnahmen, Anklagen und Freiheitsstrafen von 3 Monaten bis zu 10 Jahren für humanitären Unterstützungshandlungen. Schon die Hilfe bei der Einreise, Informationsbereitstellung oder Beschaffen von Unterkünften kann im worst case kriminalisiert werden.

Zwar stellt der Änderungsvorschlag durch die Bezugnahme auf die Einreise über den Landweg klar, dass die Rettung Schiffsbrüchiger nicht vom Anwendungsbereich umfasst sein soll, der Qualifikationstatbestand des Hilfeleisten zur Einreise von unbegleiteten Minderjährigen bleibt jedoch bestehen. Das kann so ausgelegt werden, dass sich strafbar macht, wer unbegleitete minderjährige Geflüchtete aus in Seenot befindlichen Booten rettet.

Diese weitreichenden Eingriffe in Grundrechte, namentlich in das Recht auf Freiheit, den Grundsatz, sich nicht selbst belasten zu müssen und die Strafrechtsverschärfungen kann ich nicht mittragen.

Aus diesen Gründen kann ich dem Gesetz nicht zustimmen.