Persönliche Erklärung zur Abstimmung über die deutsche Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz in Kosovo (KFOR)
Bundestag, FriedenspolitikErklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Canan Bayram (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz in Kosovo (KFOR)
Heute stimme ich gegen die Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz in Kosovo. Das KFOR-Mandat umfasst die Überwachung der Entwicklung von professionellen und multi-ethnischen Sicherheitsstrukturen. Aufklärung und Beratung stellen den deutschen Schwerpunkt der KFOR Kosovo-Force-Arbeit dar. Begrüßenswert in der Entwicklung ist einzig, dass sich der Umfang der deutschen Beteiligung am KFOR-Einsatz deutlich verringert hat. Demgegenüber stehen aber Entwicklungen und Umstrukturierungen innerhalb der kosovarischen Sicherheitsbehörden und/oder Streitkräfte, die im wahrsten Sinne des Wortes Sprengstoff für die Region bedeuten können.
Die Streitkräfte des Kosovo waren bisher keine offizielle Armee. Die Kosovo Security Force, KSF, umfasst bisher 2 500 Mann, die waren nur leicht bewaffnet und nur für Katastrophenfälle vorgesehen. Das Parlament in Pristina hat allerdings im Dezember beschlossen, dass die KSF in eine quasi reguläre Armee umgewandelt werden soll. Zwar wurde aktiv auf das Wort „Armee“ verzichtet und nur von „professional, armed and authorized military forces“ gesprochen – aber es wurde ein deutliches Mandat für Landesverteidigung und militärische Einsätze ausgesprochen. Damit einhergehend sind Ränge eingeführt, wie sie nur von regulären Armeen bekannt sind, Uniformen vorgesehen und militärische Weisungsstrukturen implementiert.
Diese Armee – denn von nichts anderem kann man hier sprechen – wird massiv die Spannungen zwischen Serbien und Kosovo verschärfen. Unmittelbar nach dem Parlamentsbeschluss in Pristina kam es zu scharfer Ablehnung von serbischer Seite und heftigen Protesten. Dass die Bundeswehr nun auch an der Ausbildung und Beratung dieser umgestellten Kosovo Security Force, KSF, wie es in der Beschlussempfehlung von CDU/CSU und SPD vorgesehen ist, beteiligt sein soll, macht die Bundesrepublik Deutschland eindeutig zu einem nicht neutralen Konfliktpartner und wird nur weitere Spannungen in die Region tragen. Demokratischer Aufbau, Vermittlung zwischen den Konfliktparteien und militärische Demobilisierung wären das Gebot der Stunde – doch dies wird durch die neuesten Entwicklungen und die Unterstützung der Bundeswehr ausgehebelt.
Auch die Art und Weise, wie diese Armee eingeführt wurde, ist an sich schon ein Skandal. Durch die Vermeidung des Begriffs „Armee“ war eine völkerrechtliche Zustimmung umgangen worden, eine vorgesehene notwendige Zustimmung von serbischer Seite wurde somit umgangen. Auch dieses rechtswidrige Vorgehen würde im Nachhinein durch das KFOR-Mandat zementiert und führt eben nicht dazu, dass die Bundesrepublik Deutschland und die Bundeswehr vor Ort als neutraler Akteur wahrgenommen werden, die an einer echten und fairen Problemlösung mitarbeiten.
Aus all den genannten Gründen werde ich der Mandatsverlängerung nicht zustimmen.