Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Ich habe keinen Gemüseladen mehr um die Ecke, muss aber 4 Euro für die Tasse Kaffee zahlen.“ Diese Klagen von Anwohnerinnen in Berlin, aber auch in vielen anderen deutschen Städten habe ich oft gehört. Der Späti im Prenzlauer Berg und das Modeinstitut in Friedrichshain wurden schon verdrängt, viele weitere sind aktuell von Verdrängung bedroht, meine Damen und Herren. Aktuell droht der Rauswurf der Buchhandlung Kisch & Co. in der Oranienstraße in Kreuzberg.
All diese Fälle eint, dass Gewerbetreibende, Handwerkerinnen, Kulturschaffende und soziale Einrichtungen mit zum Teil horrenden Mietforderungen konfrontiert sind, die sie nicht bezahlen können, oder ihr Vertrag wird nicht verlängert. Da es im Bürgerlichen Gesetzbuch kein Gewerbemietrecht gibt, sind sie Kündigungen und unbegrenzten Mietforderungen schutzlos ausgeliefert. Das wollen wir als Bündnis 90/Die Grünen ändern.
Diese Mieterinnen haben seit Eröffnung ihrer Geschäfte oft Tag und Nacht gearbeitet und ihr gesamtes Geld investiert, um sich bzw. ihren Familien eine Existenz aufzubauen. Durch ungerechtfertigte Mieterhöhungsverlangen und Kündigungen werden sie in ihrer Existenz bedroht bzw. ihrer Existenzgrundlage beraubt, und zwar ganz legal. Das können wir doch nicht wirklich zulassen, meine Damen und Herren!
Denn dadurch bestimmen immer mehr Ketten und ähnliche Geschäftsmodelle das Bild unserer Innenstädte. Einkaufsstraßen von Ketten – Geschäftsmodelle, die wir so nicht unterstützen wollen. Das sind die Letzten, die sich die hohen Mieten noch leisten können. Dass diese Entwicklung zu einer Verödung der Innenstädte führt, bestreitet heute fast niemand mehr. Deswegen haben sich in meinem Wahlkreis Initiativen von Anwohnerinnen wie „Bizim Kiez“ oder „GlorReiche“ und Gewerbetreibendeninitiativen wie „Ora Nostra“ zusammengeschlossen, um sich dagegen zu wehren, und sich an mich gewandt. Mithilfe des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages habe ich mal dokumentiert, dass es in anderen europäischen Ländern sehr wohl so etwas wie ein Gewerbemietrecht gibt und dass man den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in seinem Bestand sehr wohl schützen kann. Und so wie man sich Demokratie idealtypisch vorstellt, habe ich die Initiativen eingeladen, und wir haben mit Expertinnen diskutiert. Herausgekommen ist der vorliegende Gesetzentwurf, mit dem ich auch bei Ihnen darum werben will, dass wir uns darum kümmern, dass die Gewerbetreibenden und die Mieterinnen geschützt werden.
Es ist nicht so, dass ich einen Antrag geschrieben habe nach dem Motto „Die Bundesregierung soll mal was tun“. Nein, das ist ein konkreter Gesetzentwurf, und wenn wir es wollen, dann kann das Gesetz demnächst, in einigen Wochen schon, in Kraft gesetzt werden. Dann wären wir in der Lage, die Gewerbemieterinnen zu schützen, meine Damen und Herren.
Der Gesetzentwurf differenziert auch danach, dass es zum Beispiel in den Innenstädten wirklich einen ganz großen Handlungsbedarf gibt, weil die Mieten zu hoch sind, dass es aber auch Regionen in Deutschland gibt, wo das Problem nicht so drängend ist. Das kann das Bundesland jeweils selber entscheiden, indem es das Gesetz dann anwendet oder eben auch nicht, meine Damen und Herren.
Existenzsicherheit wollen wir durch die Kündigungsschutzregelung und durch Obergrenzen bei den Mieten schaffen.
Ich bitte Sie, diesen Gesetzentwurf zu unterstützen, sodass wir Gewerbemieterinnen vor Verdrängung schützen können, damit sie, damit wir alle auch in Zukunft in so schönen und lebenswerten Innenstädten wohnen, arbeiten und einkaufen können. Mit der Einführung dieses historischen Gewerbemietrechts können Sie Teil der Lösung statt des Problems sein, meine Damen und Herren. Geben Sie sich einen Ruck!