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Rede von Canan Bayram im Bundestag zum AfD-Antrag Haushalt

Bundestag

01.12.2023

Canan Bayram (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundesgerichtshof hat lediglich festgestellt, dass der Untreuetatbestand des § 266 Strafgesetzbuch das Vermögen schützt und nicht die Beachtung des Haushaltsrechts an sich. Lesen Sie das einfach noch mal nach, Herr Seitz, statt hier alte Gesetzentwürfe ungeprüft einzubringen.

(Thomas Seitz [AfD]: Genau das habe ich!)

Die Forderung des Gesetzentwurfs, den Sie hier eingebracht haben, dass der reine Verstoß gegen die Vorgaben des Haushalts bereits strafbar sein soll, zeigt, wie schlecht dieser Entwurf vorbereitet wurde, meine Damen und Herren.

(Esther Dilcher [SPD]: Und das beim zweiten Einbringen!)

Hier zeigt sich der sehr unsaubere Umgang mit dem Begriff „Untreue“. Untreue im strafrechtlichen Sinne ist ein Vermögensdelikt; das haben Sie übersehen, Herr Seitz.

Darüber hinaus führt Ihr Vorschlag auch zu einer enormen Ausweitung der Strafbarkeit.

(Stephan Brandner [AfD]: Das ist das Ziel!)

Durch das angestrebte Gesetz soll die Einhaltung des Haushaltsplans strafrechtlich untermauert werden. Es ist immer dasselbe: Allem soll mit Strafen begegnet werden. Aber, meine Damen und Herren, gute Gesetze brauchen mehr als Bestrafung.

(Stephan Brandner [AfD]: Aha! Das merken wir uns mal!)

Sie müssen für die Bürger/-innen nachvollziehbar sein. Sie müssen sich an der Wirklichkeit eines Staates orientieren. All dies tut Ihr Gesetzentwurf nicht.

Es gibt Fälle, in denen Amtsträger/-innen Fehler begehen, aber trotzdem uneigennützig handeln.

(Stephan Brandner [AfD]: Männer auch!)

Dieser Aspekt der Uneigennützigkeit müsste die Amtsträger/-innen eigentlich entlasten.

(Stephan Brandner [AfD]: Männer auch! Männer machen auch Fehler!)

Das alles wird in dem Gesetzentwurf überhaupt nicht berücksichtigt. Es kommt in der Realität der AfD nicht vor.

Die schematische Herangehensweise in diesem Gesetzentwurf widerspricht unserem Rechtsstaatsprinzip und damit unserer Verfassung, meine Damen und Herren.

(Stephan Brandner [AfD]: Damit kennen Sie sich ja auch gut aus! Siehe Haushalt!)

Ich weiß, die AfDler nehmen es mit unserer Verfassung nicht so genau.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Und das von der Ampel!)

Vielmehr missachten Sie oft unsere Verfassung. Deswegen will ich daran erinnern, dass das Strafrecht das schärfste Schwert unseres Rechtsstaates ist. Es darf nicht, wie hier vorgesehen, missbraucht werden.

Herr Brandner erinnert hier mal wieder daran, warum wir ihn in der letzten Legislatur als Vorsitzenden des Rechtsausschusses abgewählt haben.

(Stephan Brandner [AfD]: Erklären Sie es noch mal!)

Er kann sich nicht benehmen. Er kann nicht nur dann reden, wenn er reden soll, und er kann nicht schweigen, wenn er schweigen soll. Aber zum Glück hat er nichts zu sagen, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie der Abg. Clara Bünger [DIE LINKE] – Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

Das Strafrecht kann nicht als pauschale Allzweckwaffe für komplexe Sachverhalte angewandt werden. Allein das würde schon als Grund genügen, diesen Gesetzentwürf mit aller Schärfe abzulehnen.

(Stephan Brandner [AfD]: „Entwurf“, nicht „Entwürf“, Sie reden ja schon wie Baerbock!)

Besonders irritierend ist das tiefe Misstrauen, welches dieser Gesetzentwurf der Staatsanwaltschaft entgegenbringt. Dieser Entwurf zielt darauf ab, dass Druck auf die Staatsanwaltschaft ausgeübt wird. Der Druck soll dann dazu führen, Einstellungsentscheidungen reiflich zu überlegen und schlüssig zu begründen. Weiter wird ausgeführt: Die Versuchung für die Staatsanwaltschaft, sich des Verfahrens auf einfache Weise zu entledigen, sei besonders groß. – Da frage ich mich, in welcher Wirklichkeit die AfD eigentlich lebt. So einen Quatsch brauchen wir nicht. Denn mit einem Gesetz Druck auf die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in unserem Land ausüben zu wollen, entspricht nicht unserem Justizsystem und erinnert eher an finstere Zeiten, die die AfD sich herbeisehnt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und der LINKEN)

Ich bin, ebenso wie meine Fraktion, gegen solch einen Quatsch.

(Stephan Brandner [AfD]: Gegen Quatsch sind wir auch!)

Ich kann und muss hier eindeutig benennen, worum es eigentlich geht, nämlich den untauglichen Versuch, einen Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag einzubringen. Solche Positionen, wie sie von der AfD vertreten werden, stellen sowohl die Staatsanwaltschaften als auch die Amtsträger/-innen unter Generalverdacht. Und dagegen wehren wir uns. Unsere Justiz leistet enorm viel. Einen Generalverdacht, meine Damen und Herren, hat sie nicht verdient.

Wir als Fortschrittskoalition haben an echten Verbesserungen im Bereich der Transparenz und Korruptionsbekämpfung gearbeitet und werden dies auch weiterhin tun. Durch ernsthafte und kluge Vorschläge haben wir bereits aus der Opposition heraus für mehr Transparenz in der Politik gekämpft. Das hat dazu beigetragen, dass wir im letzten Jahr das Lobbyregister eingeführt haben, meine Damen und Herren.

(Stephan Brandner [AfD]: Und gleich wieder außer Kraft setzen wollen!)

Und auch beim Schutz von Whistleblowern haben wir mit dem Hinweisgeberschutzgesetz einen wichtigen Meilenstein gelegt. Darauf sind wir stolz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU)

Der vorliegende Gesetzentwurf aber verstößt gegen unsere Verfassung, wendet Rechtsprechung falsch an, führt zu einem ausufernden Straftatbestand und destabilisiert dadurch unser Rechtssystem. Durch die neue Kompetenzübertragung soll ein bestehendes System an Institutionen geschwächt werden.

(Lachen des Abg. Thomas Seitz [AfD])

Das scheint die Absicht der AfD zu sein. Dagegen wehren wir uns.

Dieser Gesetzentwurf entlarvt sich selbst und die, die ihn heute hier eingebracht haben: die AfD.

(Stephan Brandner [AfD]: Die größte Larve sind Sie!)

Ihren Gesetzentwurf werden wir im Ausschuss beraten; aber ich verrate Ihnen auch schon jetzt, dass wir ihn ablehnen werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Überraschend!)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Herr Brandner, ich werde mir den letzten Zwischenruf noch mal genau im Protokoll anschauen.

(Stephan Brandner [AfD]: Wortspiel!)

Die nächste Rednerin ist für die Fraktion Die Linke Clara Bünger.

(Beifall bei der LINKEN – Stephan Brandner [AfD]: Jetzt grüßt wieder die Deutsche Demokratische Letzte Fraktion!)