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Rede von Canan Bayram im Deutschen Bundestag zum Strafrechtlicher Schutz bei Verunglimpfung der Europäischen Union und ihrer Symbole

Bundestag

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen das öffentliche demonstrative Zerstören oder Beschädigen von Flaggen und Wappen der Staaten und überstaatlicher Verbindungen, wie zum Beispiel der Vereinten Nationen, verbieten. Wir wollen demonstrative friedensstörende Angriffe auf die Europäische Union verhindern – und das alles, ohne die Grundrechtsausübung unverhältnismäßig zu beeinträchtigen. Warum? Weil solche demonstrativen Handlungen mit unseren Verfassungszielen des friedlichen Zusammenlebens der Völker und der Völkerverständigung unvereinbar sind. Wir entrümpeln zugleich das antiquierte Staatsschutz-Strafrecht und schaffen klare Grundlagen für Versammlungsteilnehmer, Versammlungsbehörden und
Polizei.

Ein strafrechtlicher Schutz von Hymnen und Landesfarben unter anderem gegen das Verüben beschimpfenden Unfuges ist selbst nichts anderes als schlichter Unfug. Der stets witzige Joseph Haydn und der musikalische Revolutionär Ludwig van Beethoven würden sich wegen dieser Art Schutz für ihre Musik eher im Grabe umdrehen. Die Koalition und die Bundesregierung haben aus dem
Böhmermann-Fall nichts gelernt. Die damals erzwungene Streichung von § 103 Strafgesetzbuch war gut begründet, weil auch für den Ehrschutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten das für alle geltende Recht ausreicht und es keines anachronistischen Sonderrechts bedarf.

Nichts anderes gilt für die Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten. Deshalb fordern wir die Streichung von § 104 Strafgesetzbuch. Wir schlagen eine einheitliche Schutzregelung für die Flaggen und Wappen aller Staaten dort vor, wo es hingehört, nämlich im Ordnungswidrigkeitengesetz. Ich frage die Koalition: Was ist eigentlich mit der Flagge der Vereinten Nationen? Die ist nach Ihrem Gesetz offenbar nicht schutzwürdig. Genauso wenig denken Sie an die Wappen der Staaten. Militanten Israel-Feinden erlauben Sie so zum Beispiel das demonstrative öffentliche Verbrennen des Staatswappens Israels, das die Menora, den Siebenarmigen Leuchter, zeigt. Beim Bundeswappen oder beim bayerischen Staatswappen bleibt das dagegen strafbar. Ihr Gesetzentwurf ist auch hier völlig inkonsistent.

Bei der EU beschränken Sie sich auf bloßen äußeren Symbolschutz. Auch das greift angesichts der militanten Rechtsextremen zu kurz. Wir wollen den Schutz der EU dagegen dort regeln, wo
es hingehört, nämlich in den strafrechtlichen Bestimmungen zum Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung. Deswegen: Stimmen Sie dem Antrag von uns und dem Antrag der FDP-Fraktion zu. Dann klappt es auch wieder mit den Wappen und den Flaggen.