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Rede von Canan Bayram im Deutschen Bundestag zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft

Bundestag, Strafrecht

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir entscheiden bei diesem Tagesordnungspunkt über vier Dinge. Drei sind gut, ein Punkt – das ist der Gesetzentwurf der FDP – ist uns nicht gut genug. Gut ist der Gesetzentwurf der Bundesregierung mit der Begleitgesetzgebung zur Europäischen Staatsanwaltschaft. Wir stimmen zu, und insoweit haben Sie mich hier
wirklich positiv überrascht, Frau Lambrecht. Vielen Dank für diesen Entwurf.

Gut ist unser Änderungsantrag. Es ist doch nicht einzusehen, dass für die beim Europäischen Stabilitätsmechanismus Tätigen und für die, die für das Europäische Patentamt arbeiten, strafrechtlich etwas anderes gilt als zum Beispiel für die Bediensteten der Europäischen Zentralbank. Daran wurde nicht gedacht. Dem können wir jetzt mit Zustimmung zu dem Änderungsantrag der
Fraktion der Grünen gemeinsam abhelfen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Gut ist ebenfalls der Antrag der Grünenfraktion zur rechtsstaatlichen Reform der Staatsanwaltschaft. Warum? Weil der zentrale Grundsatz des Legalitätsprinzips im Strafrecht des Schutzes gegen direkte, indirekte oder verdeckte politische Beeinflussung bedarf und auch des Schutzes gegen den bösen Anschein einer solchen Beeinflussung; Kollege Martens hat es ausgeführt. Deshalb
fordern wir eine gesetzliche Beschränkung des sogenannten externen ministeriellen Einzelweisungsrechts und Regelungen zur Transparenz bei Weisungen.

Die Behauptung, solche Einflussversuche gebe es nicht, widerlegen Berichte aus der Praxis und auf Bundesebene. Ich erinnere hier an das Weisungsverhalten im Fall des Justizministers Maas und seiner Staatssekretärin gegenüber dem damaligen Generalbundesanwalt. Weiter fordern wir mindestens eine Debatte über den Status des Generalbundesanwaltes als politischen Beamten, der jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden kann. Wir kritisieren Ungarn und Polen wegen ihrer Einflussnahme auf die Justiz und behalten gleichzeitig diesen Status des Generalbundesanwalts bei. Das passt nicht zusammen.

Eine weitere Forderung betrifft die nötige gesetzliche Klarstellung, dass die Europäischen Haftbefehle und die Europäischen Ermittlungsanordnungen durch Richter auszustellen sind und nicht durch die Staatsanwaltschaft; das Fehlen deren Unabhängigkeit hat der Europäische Gerichtshof bemängelt. Dieses Thema ist keinesfalls erledigt, meine Damen und Herren.

Nicht gut genug ist der Gesetzentwurf der FDP. Ihn lehnen wir ab, weil er nach unserer Auffassung mit seiner Vollabschaffung des ministeriellen Weisungsrechts nicht mit der Verfassung zu vereinbaren ist. Das wurde von der von uns benannten Sachverständigen, Frau Koppers, in der Anhörung auch ausgeführt.