Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Tatsächlich haben alle, die sich an dieser Debatte beteiligt haben, ein Interesse daran, dass Straftäter nicht rückfällig werden. Da sind wir uns einig, das hat auch jeder hier deutlich gemacht. Umso mehr verwundert es, was für ein Gesetzentwurf hier vorgelegt wird; denn er bewirkt im Ergebnis – das haben die Vorredner auch schon gesagt – genau das Gegenteil. Deswegen kann man diesen Gesetzentwurf tatsächlich nur ablehnen. Das will ich schon mal vorweg sagen.
§ 48 StGB wurde aus guten Gründen vor über 30 Jahren abgeschafft. Es ist halt so: Er hat sich nicht bewährt, er ist auch in Teilen entbehrlich gewesen. Insoweit verwundert es tatsächlich, dass Sie ihn wieder aus der Mottenkiste ausgepackt haben. Wenn man es sich genau anschaut, dann sieht man, dass Sie in Ihren Gesetzentwurf einen Absatz 3 eingebaut haben, der in seiner Absurdität kaum zu überbieten ist und der systemwidrig ist. In der Begründung zu diesem Absatz deuten Sie an, dass die Strafverschärfungen eine
Antwort auf das Leid der Opfer sein sollen. Da sage ich ganz ehrlich: Das ist die falsche Stelle. Natürlich müssen wir uns mit dem Leid der Opfer beschäftigen, aber nicht
an dieser Stelle. Das ist ein Irrweg, den Sie dort beschritten haben. Das tragen wir so nicht mit.
Wenn man sich anschaut, worum es Ihnen geht, dann sieht man: Es geht Ihnen um Freiheitsstrafe – am liebsten ganz viel davon, am liebsten wegsperren. Das haben die
Kollegen vorher auch schon festgestellt. Aber diese Einstellung verkennt – der Vollzug liegt ja mittlerweile in der Zuständigkeit der Bundesländer –, was eigentlich der
Sinn von Freiheitsstrafe ist. Freiheitsstrafe hat Resozialisierung zum Gegenstand. Gehen Sie wirklich mal in die Justizvollzugsanstalten in Ihren Bundesländern! Sie werden sehen, dass man sich dort um die Menschen bemüht. Man bemüht sich darum, dass die Menschen, nachdem sie einen Fehler begangen haben, den Weg zurück in die
Gesellschaft finden. Die AfD hat ein komplett anderes Verständnis von Justizvollzug als der Rest dieses Hauses. Auch das kann ich, glaube ich, hier feststellen.
Da der Gesetzentwurf sowohl inhaltsleer als auch völlig unsinnig ist, will ich die letzte Minute meiner Redezeit darauf verwenden, mich bei allen Menschen zu bedanken, die in der Strafrechtspflege und im Justizvollzug dafür sorgen, dass Menschen, Straftäter, nicht wieder rückfällig werden. Diesen Dienst werden sie auch über Weihnachten in den Justizvollzugsanstalten verrichten. Ganz herzlichen Dank, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in all den Justizvollzugsanstalten in Deutschland!
Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen – die meisten von Ihnen werden nicht so wie ich in Berlin feiern –, wünsche ich eine gute Fahrt nach Hause, jetzt, durch die
AfD verschuldet, eine Stunde später als erwartet, frohe Festtage und einen guten Rutsch.