Rede von Canan Bayram im Deutschen Bundestag zum Thema Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet
Bundestag, StrafrechtLiebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es stellt niemand infrage, dass mit illegalen Gütern und Dienstleistungen im Internet gehandelt wird. Es stellt auch niemand infrage, dass sich diejenigen, die dafür eine Plattform zur Verfügung stellen, strafwürdig verhalten. Die Frage ist: Was wollen wir dagegen tun, liebe Kolleginnen und Kollegen?
Die Koalition macht wieder das, was sie inzwischen immer macht, wenn es ein Problem gibt: einen neuen Straftatbestand schaffen. Strafbar soll sich danach machen, wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern. Das klingt erst mal gar nicht so dumm. Allerdings ist das schon längst strafbar. Dass Sie das nicht wahrhaben wollen, ist wahrlich nicht klug.
In der Praxis geht es doch darum, dass Betäubungsmittel, Waffen oder kinderpornografische Inhalte über diese Plattformen vertrieben werden. In diesen Fällen ist doch heute schon die Vermittlungstätigkeit strafbar, meine Damen und Herren. Meine Vorredner haben das ebenfalls betont. Sogar das einfache Mitteilen einer Erwerbsmöglichkeit ist bei Betäubungsmitteln strafbar. Und in allen Fällen, in denen die speziellen Vorschriften nicht greifen, gibt es auch weiterhin noch die Strafbarkeit wegen Beihilfe zu einer rechtswidrigen Tat nach § 27 Strafgesetzbuch. Die Gesetzeslücke, die hier angeblich geschlossen wird, gibt es gar nicht, meine Damen und Herren. Lassen Sie sich das von mir auch noch mal erklären. Die Kollegen haben es Ihnen doch gerade auch schon erklärt.
Es handelt sich also bei Ihrem Gesetzentwurf um reinen Aktionismus. Es soll so aussehen, als würde etwas gegen die illegalen Handelsplattformen unternommen werden, ohne die tatsächlichen Probleme anzugehen. Das Gesetz muss in diesem Bereich nämlich nicht verändert, sondern endlich konsequent angewendet werden.
Und dazu brauchen die Strafverfolgungsbehörden die richtige personelle und – aber fast noch viel wichtiger – die technische Ausstattung, meine Damen und Herren. Was doch sehr verwundert, ist, dass der Kollege Thorsten Frei von der CDU in einem Artikel in der „Deutschen Richterzeitung“ ein höheres Mindeststrafmaß für die Betreiber von Kinderpornografie-Plattformen fordert. Genau das haben wir von Bündnis 90/Die Grünen in der vergangenen Sitzungswoche in unserem Änderungsantrag zur sexuellen Gewalt gegen Kinder gefordert. Den haben Sie aber als Unionsfraktion abgelehnt. Wie passt das zusammen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen? Sie können unseren Antrag auch gerne übernehmen, dann verspreche ich Ihnen, dass wir auch zustimmen werden.