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Strafrecht modernisieren

Bundestag, Strafrecht

Für eine Kriminalpolitik des 21. Jahrhunderts

Für ein modernes Strafrecht setze ich mich als Obfrau im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags ein. Denn das Strafrecht als schärfstes Schwert des Staates darf immer nur Ultima Ratio sein. Als Ampel-Koalition haben wir uns vorgenommen, evidenzbasierte Kriminalpolitik zu betreiben, also die Gesetzgebung im Austausch mit Wissenschaft und Praxis auf den Prüfstand zu stellen und systematisch auf Handhabbarkeit, Berechtigung und Wertungswidersprüche zu überprüfen.

Schon zu Beginn der Legislaturperiode haben wir angefangen, das umzusetzen: den § 219a StGB, also die Bestrafung der Informationen über Schwangerschaftsabbrüche, haben wir im Jahr 2022 abgeschafft.

Aktuell arbeiten wir an der Neuregelung der Ersatzfreiheitsstrafe. Eine Ersatzfreiheitsstrafe wird verhängt, wenn eine zu einer Geldstrafe verurteilte Person diese Geldstrafe nicht bezahlt. Die Person muss dann also die Tagessätze der Geldstrafe im Gefängnis „absitzen“. Weil das aber hauptsächlich Menschen trifft, die von Armut betroffen sind, ist das ein ungerechtes System. Arme Menschen werden im Ergebnis für dieselben Delikte stärker bestraft als Personen, die die Geldstrafe aufbringen können. Auch finanziell macht das keinen Sinn, weil pro Person pro Tag in Haft im Schnitt 180 Euro aus den Landeshaushalten bezahlt werden muss.

Aus dem Bundesjustizministerium kommt daher der Vorschlag, die Tagessätze bei der Ersatzfreiheitsstrafe zu „halbieren“, sodass die Betroffenen dann nur halb so viele Tage in Haft einsitzen müssen. Das ist zumindest ein Anfang.

Klar ist aber: Damit wird das Problem noch nicht an der Wurzel gepackt. Was wir brauchen ist eine umfassende Entkriminalisierung all der Straftatbestände, die im wissenschaftlich erforschten Zusammenhang mit Armut stehen. Denn es ist nicht gerecht, wenn Menschen für ihre Armut bestraft werden.

Dazu gehört zum Beispiel das Fahren ohne Fahrschein. Dass das eine Straftat ist, wissen die wenigsten. Aber tatsächlich wird dies als „Erschleichen von Leistungen“ strafrechtlich verfolgt. Dieser Tatbestand ist nicht nur historisch überholt, weil er aus dem Nationalsozialismus stammt. Er ist auch ungerecht, weil zum Beispiel das Parken ohne Parkschein nur eine Ordnungswidrigkeit ist. Diese Ungleichbehandlung muss ein Ende haben. Auch das Retten von genießbaren Lebensmitteln aus Müll-Containern sowie der selbstbestimmte Schwangerschaftsabbruch müssen raus aus dem Strafgesetzbuch.

Denn wenn eine Gesellschaft sich ändert, muss sich auch das Strafrecht ändern. Und daran arbeiten wir.