Die Beendigung von Schwangerschaft wollen wir Entkriminalisieren
Die Zeit ist gekommen, Schwangerschaftsabbrüche endlich aus dem Strafgesetzbuch herauszunehmen. Schwangere, die ihre Schwangerschaft abbrechen und Ärzt*innen, die diese Abbrüche durchführen, sind nicht kriminell.
Im Gespräch mit Menschen in meinem Wahlkreis stoße ich auf völliges Unverständnis, dass der Schwangerschaftsabbruch auch in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen noch immer grundsätzlich unter Strafe steht. Nicht zuletzt die Vereinten Nationen ermahnen Deutschland regelmäßig, sichere und legale Zugänge zur Beendigung von Schwangerschaften zu eröffnen. Insoweit stehen dem Pflichtberatung und Bedenkfrist entgegen. Vielmehr sollte der legale Schwangerschaftsabbruch als medizinische Leistung von den Krankenkassen übernommen werden. Auch die Länder fordern den Bund auf, endlich zu handeln.
Die von der Bundesregierung eingesetzte, interdisziplinär zusammengesetzte Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin hat ihren Abschlussbericht vorgestellt. Die Kommission bestand aus 18 Expertinnen und Experten unter anderem aus den Fachbereichen Medizin, Psychologie, Soziologie, Gesundheitswissenschaften, Ethik und Recht. Sie ist zu einem von allen getragenen Ergebnis gekommen: Mindestens in der Frühphase der Schwangerschaft sollten selbstbestimmte Schwangerschaftsabbrüche vollständig entkriminalisiert werden. In der mittleren Phase der Schwangerschaft gibt es nach der Kommission einen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.
Dieses Ergebnis wird getragen von den geänderten gesellschaftlichen und völkerrechtlichen Realitäten seit der letzten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Anfang der 90er Jahre. Sie bedeutet nicht zuletzt, die Lebensrealitäten von Familien anzuerkennen.
Mehr als die Hälfte der Frauen, die einen Abbruch vornehmen lassen, hat bereits Kinder geboren: 21,7 % ein Kind, 23,5 % zwei, 13,9 % drei und mehr Kinder. Die Gründe für Familien, keine weiteren Kinder zu wollen, sind persönlich und vielfältig. Der Staat sollte bei Regulierungen in diesem Bereich der Familienplanung die nötige Sensibilität an den Tag legen.
Die bisherige Regelung im Strafgesetzbuch hält Ärzt*innen davon ab, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, da sie Gefahr laufen könnten, einer Strafverfolgung ausgesetzt zu werden. Der Schwangerschaftsabbruch ist derzeit nicht Teil der medizinischen Ausbildung, sodass die Anzahl der Ärzt*innen, die diese lernen und lehren können, immer mehr schrumpft, was zu einem Problem bei der Versorgung führt. In teilweise ländlichen Regionen müssen Schwangere mehrere hundert Kilometer zurücklegen, um einen Abbruch durchführen zu lassen.
Wir brauchen eine neue gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches. Aus der Verpflichtung zur Beratung wollen wir ein Recht auf Beratung machen und die dreitägige Wartepflicht abschaffen.
Weg mit § 218 Strafgesetzbuch war und ist die Forderung mehrerer Generationen von Feminist*innen. Jetzt ist der Zeitpunkt, den § 218 zu streichen.