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„Weil nicht sein kann, was nicht sein darf“

Bundestag, Friedenspolitik

Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Afghanistan nähern wir uns immer mehr der politischen Leitungsebene an

Wenn ich den Antworten der Zeug*innen aus den zuständigen Ministerien im Untersuchungsausschuss Afghanistan (PUA) so zuhöre, fühle ich mich wiederholt an die Verszeile „weil nicht sein kann, was nicht sein darf“ aus einem Gedicht von Christian Morgenstern erinnert. Aus meiner Sicht wurden nie ernsthaft Vorbereitungen für ein Notfallszenario getroffen, obwohl genau dieses Bild von der überstürzten Flucht aus Saigon 1975 allen bekannt war. Das geht so weit, dass man das Gefühl nicht los wird, dass Inhalte von Berichten des Bundesnachrichtendienstes (BND) von der politischen Leitungsebene empfohlen worden sind. So wurde man dann von den Entwicklungen im August 2021 in Kabul überrollt.

In den letzten Sitzungen wurden mehrere Mitarbeiter*innen und Referatsleiter*innen des Auswärtigen Amtes (AA) sowie des Bundeskanzleramts (BKAmt) befragt. Sie bestätigten das bereits erhaltene Bild, dass vor allem das Bundesministerium des Innern (BMI) sich gegen eine unbürokratische Visa-Erteilung vor allem wegen Sicherheitsbedenken für schutzbedürftige Personen aus Afghanistan sträubte.

Gleichzeitig wurden allerdings einer fünfstelligen Zahl von Personen aus Afghanistan, die vom amerikanischen Militär über Rammstein in die USA ausgeflogen wurden, unbürokratisch über viele Wochen ein Aufenthalt in der Bundesrepublik ermöglicht.

Inzwischen fühle ich mich auf der Sachebene so weit informiert, dass ich halbwegs nachvollziehen kann, wie es gelaufen ist. Jetzt stellt sich aber umso mehr die Frage, wer trägt dafür die politische Verantwortung, wer hat welche Vorgaben gemacht oder unterlassen?

Die Befragung von zwei Mitarbeiter*innen des BND, sowohl in öffentlicher als auch in geheimer Sitzung, blieben leider oftmals an der Oberfläche. Allerdings steht die Befragung der Hausleitung des BND und der zuständigen Fachaufsicht des BKAmt noch aus.

Spannend waren diese Woche zwei weitere Zeug*innen. Zum einen ein Zeuge aus dem Bundesministerium für Verteidigung (BMVg), bei dessen Befragung es vor allem um die Unterrichtung des Parlaments ging. Welche Informationen wurden gegeben, was wurde nicht so richtig erklärt, um dann überrascht zu sein, wie wenig die Parlamentarier*innen wissen. Wird mit „warum haben denn die Parlamentarier*innen nicht mehr nachgefragt?“ die Verantwortung nicht einfach umgedreht? Oder fällt auch uns als Abgeordnete da einiges auf die Füße, weil wir eben nicht scharf genug nachgebohrt haben?

Zum anderen wurde mit Eva Högl die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags befragt. Sie verfügt über ihre Rolle als Vertrauensperson für die Soldat*innen der Bundeswehr über einen ganz anderen Einblick in das Innenleben der Bundeswehr. Bei ihr landen zum Teil einige der Beschwerden, die eben nicht auf dem Dienstweg beim Vorgesetzten, sondern bei der „gemeinsamen Zigarette vor der Tür“ gemacht werden.

Nach dieser Sitzung am 19. Oktober haben wir bis Weihnachten noch an drei Sitzungstagen Beweisaufnahmen. Dabei wird es vor allem um die innerafghanischen Friedensverhandlungen gehen, auf die die Bundesregierung große Hoffnungen setzte. In der letzten Sitzung vor Weihnachten am 14. Dezember werden wir mit der deutsche Botschafterin in den USA sowie dem Ständigen Vertreter bei der Nato zwei Spitzendiplomat*innen befragen.

Um unsere Arbeit auch allen Bürger*innen zugänglich zu machen, planen wir am Dienstag, den 14. November 2023, von 18:00 bis 20:30 Uhr eine öffentliche Sonderveranstaltung des PUA mit zwei Panels. Der eine wird sich um „Ein Jahr Beweisaufnahmen“ drehen, der andere sich mit dem „Deutschen Bundestag und vernetzte Auslandseinsätzen“ beschäftigen.

Zum Abschluss des Ausschusses – der noch nicht abzusehen ist – wollen wir anhand der Untersuchungsergebnisse empfehlen, was aus den gewonnenen Erkenntnissen zu lernen ist. Der Ausschuss tagt in der Regel öffentlich.

Mehr Informationen und Anmeldung:

https://www.bundestag.de/ausschuesse/untersuchungsausschuesse/ua01