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Wenig glanzvolle Debatte zur Impfpflicht ab 60 im Deutschen Bundestag

Bundestag

Warum ich heute mit „Nein“ gestimmt habe

Es ist es Aufgabe der Politik für die Infrastruktur für Impfungen zu sorgen. In Ländern, in denen durch aufsuchende Verfahren oder automatische Terminvermittlung per SMS Impfungen angeboten wurden, sind die Impfquoten und die Akzeptanz deutlich höher.

Heute wurde in einer teilweise weniger glanzvollen Debatte im Deutschen Bundestag die Impfpflicht ab 60 Jahren abgelehnt.

Durch eine altersbezogene Impfpflicht würde das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit zum derzeitigen Zeitpunkt unverhältnismäßig eingeschränkt werden.

Der medizinische Eigenschutz kann als legitimer Zweck nicht herangezogen werden. Dieser ist eine selbstbestimmte Entscheidung. Ob eine Infektion der Impfung vorgezogen wird, kann die Politik den Menschen nicht vorgeben. Dies auch insbesondere in Abgrenzung zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht, bei der es gerade nicht um Eigen-, sondern um Fremdschutz geht und die ich daher befürworte. Verfassungsrechtlich unbedenklich sind nur Schutzgüter Dritter als Grund für eine Impfpflicht.

Zur Erreichung des legitimen Ziels, vulnerable Gruppen zu schützen, ist die Impfpflicht nach derzeitigem Stand der Wissenschaft nicht geeignet. Zwar sinkt durch eine Impfung die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung sowie im Falle eines Impfdurchbruchs auch durch eine i.d.R. geringere Viruslast des Geimpften die Wahrscheinlichkeit, andere anzustecken. Jedoch führt die Impfung gerade nicht zu einer sog. sterilen Immunität. Angesichts geringen Transmissionsschutz von ca. 50% der aktuell verfügbaren Impfstoffe hinsichtlich der Omikron-Variante ist der Schutz vulnerabler Gruppen derzeit selbst bei einer Impfrate von annähernd 100 Prozent nicht suffizient erreichbar. Der wirksamste Schutz vulnerabler Gruppen wird durch Hygienemaßnahmen wie die Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen herbeigeführt. Diese Maßnahmen wurden gerade flächendeckend abgeschafft. Dass zeitgleich zur Abschaffung dieser m.E. milderen Mittel eine Maßnahme wie die Impfpflicht erwogen wird, ist widersprüchlich.

Das in Aussicht gestellte Versprechen, durch eine Impfpflicht freiheitseinschränkende Maßnahmen ersetzen zu können, kann nicht eingehalten werden, denn selbst in Ländern mit weit höheren Impfraten als hierzulande sind immer wieder kurzfristige Lockdowns verhängt worden.

Auch für die Erforderlichkeit der Impfpflicht ist die Datengrundlage dünn. Wir wissen, dass in allen Altersgruppen über 18 eine Grundimmunisierung durch Impfung von über 80 Prozent bereits gegeben ist (Altersgruppe über 80: 88,8%). Wie viele weitere bereits durch eine überstandene Infektion eine zumindest vorübergehend Immunisierung vorweisen können, ist unbekannt. Insgesamt dürfte die Immunisierungsrate bereits bei über 90 Prozent liegen. Die Erforderlichkeit der Impfpflicht ist somit zumindest fragwürdig.