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Zur Geburtsstunde des Frauenwahlrechts

Antidiskriminierung, Bürger*innenrechte

Am 12. November feiern wir die Geburtsstunde des Frauenwahlrechts in Deutschland. Im Jahr 1918 spricht der Rat der Volksbeauftragten an diesem Tag auch den Frauen das Wahlrecht zu.

Das Frauenwahlrecht ist ein Grund zu feiern, aber noch kein Grund sich entspannt zurückzulehnen. Bei der Wahl zur verfassungsgebenden Nationalversammlung am 19. Januar 1919 war es Frauen in Deutschland erstmals gestattet, ihre Stimme abzugeben und gewählt zu werden.

Das historische Ereignis führt uns deutlich vor Augen, dass Gleichheit vor dem Gesetz und Gleichberechtigung keine Selbstverständlichkeiten sind. Sie müssen erkämpft und beschützt werden. Die Einführung des Frauenwahlrechts war das Ergebnis eines jahrzehntelangen politischen Kampfes von Feminist*innen. Auf ihrem Weg, ein gleichberechtigter Teil des Staates und der Politik zu werden, mussten die Feminist*innen ihrer Zeit nicht nur gesellschaftliche Schmähungen und Erniedrigungen über sich ergehen lassen. Im Kampf für das Frauenwahlrecht nahmen die Feminist*innen Verhaftungen und Gefängnisaufenthalte auf sich. Bei ihrem Widerstandskampf gegen die vormaligen Verhältnisse hatten sie noch die Überzeugungsarbeit zu leisten, dass Frauen Trägerinnen der gleichen Rechte sind und sein müssen, wie Männer.

Ende 1918 hatten die Befürworter des Frauenwahlrechts im Parlament dann die Mehrheit, durch die die Änderung des Reichswahlgesetzes möglich wurde. Am 30. November 1918 trat das Reichswahlgesetz in Kraft, das nun auch Frauen als Wahlberechtigte vorsah – das Recht ihre Stimme bei Wahlen abzugeben und sich selbst wählen zu lassen. Unter den Gewählten der ersten verfassungsgebenden Nationalversammlung nach Einführung des Frauenwahlrechts befanden sich 37 Frauen. Dies entsprach einem Anteil von 8,7 % . Heutzutage beträgt der Frauenanteil im Bundestag fast 31 % Prozent. Mittlerweile sind also knapp ein Drittel der gewählten Abgeordneten Frauen und dennoch wird deutlich, dass die Gleichberechtigung noch nicht erreicht ist, denn der Anspruch muss sein, die Hälfte zu erreichen. Derzeit werden verschiedene Gesetze und Initiativen diskutiert, die ein verfassungskonformes Paritätsgesetz anstreben. Damit stehen uns interessante Debatten bevor, die das Potential haben, die Demokratie ordentlich zu beleben.

Dass zu einer gleichberechtigten Gesellschaft noch ein weiter Weg und politische Durchsetzung notwendig ist, ist bekannt. Als erste direkt gewählte weibliche Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag werde ich oft darauf angesprochen, ob es schwierig war, den Wahlkreis zu gewinnen. Auch mein Vorgänger Hans Christian Ströbele hat in sich für eine Gesellschaft politisch eingesetzt, in der Frauen Jura studieren können und in allen Beruf arbeiten, weil die Nazis es seiner Mutter verweigerten. Politische Arbeit für die Bevölkerung zu leisten bedeutet insbesondere, die Unterschiedlichkeit und Vielfalt in Einklang zu bringen mit dem Recht auf Gleichbehandlung bzw. Gleichstellung.